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AD(H)S verstehen

AD(H)S hat viele Gesichter

AD(H)S ist ein komplexes Gemisch aus verschiedenen funktionalen Besonderheiten, die individuell unterschiedlich gewichtet und unterschiedlich intensiv ausgeprägt sind. Je nach Ausprägung stellt die AD(H)S an die Betroffenen unterschiedliche Aufgaben und Herausforderrungen. Hinzu kommt, dass den Betroffenen und ihrem Umfeld ganz verschiedene Gaben und Ressourcen in die Wiege gelegt wurden.

Trotz dieser Unterschiede gibt es auch gemeinsame Erfahrungen, die - in verschiedenen Intensitäten - alle gleichermaßen betreffen. Eine solche Erfahrung ist, dass die mit AD(H)S verbundenen Schwierigkeiten und Herausforderungen sich nicht, wie z.B. eine Lähmung des Beines, einfach beobachten lassen. Denn die mit einer AD(H)S verbundenen besonderen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse spielen sich im Innern des Menschen ab. Das erschwert sowohl für die Betroffenen selbst als auch für ihre Bezugspersonen das Verständnis für die zu bewältigenden Probleme.

Risiko Abwärtsspirale

Kennen und verstehen wir die besonderen Schwierigkeiten nicht, stolpern wir immer wieder über diese. Es kann passieren, dass wir uns in den Schwierigkeiten verheddern. Wir können in eine Abwärtsspirale rutschen.

Der Psychologe Joachim Kristahn (2018) beschreibt diese Abwärtsspirale folgendermaßen:

Das Kind versteht nicht, wie es immer wieder in Konflikte mit seinen Bezugspersonen gerät. Es verhält sich in seinen Augen ganz okay und gibt sich doch solche Mühe. Wenn etwas daneben geht, gelobt es oft Besserung. Trotzdem bleiben durchgreifende Erfolge aus, die Grundprobleme bestehen fort.

Die Umgebung (Eltern, Geschwister, Gleichaltrige, LehrerInnen) reagiert zunehmend mit Unverständnis und Ablehnung. Das Handicap des betroffenen Kindes mit seinen alltäglichen Herausforderrungen wird nicht erkannt. So reagiert die Umgebung mit Hilflosigkeit und immer wieder mit Drohungen, Strafe, Ausschluss oder Bloßstellung. Es kommt zu Vorwürfen wie z.B.: „Er kann, wenn er nur will.“ oder „Mit ihr stimmt etwas nicht.“

 

Bei dem betroffenen Kind wächst der innere Schmerz kontinuierlich. Das beeinflusst das Lernen, die Leistung, die Ordnung des Alltags, die Disziplin, das soziale Leben, die Gefühle – also das gesamte Leben.

Den inneren Schmerz des Kindes verstehen 

Aber - es gibt glücklicherweise auch eine Aufwärtsspirale, so Kristahn weiter. In dieser Aufwärtsspirale bewegen wir uns im Miteinander, sobald wir das Handicap und den inneren Schmerz des betroffenen Kindes verstehen. Wenn wir beispielsweise verstehen, welche Situationen und Aufgaben für das Kind besonders schwierig sind. Denn dann können wir das Kind in seinem Bemühen besser wahrnehmen. Nun können wir uns zusammen über kleine Erfolge freuen, die wir vorher oft übersehen oder als selbstverständlich hingenommen haben. Das Kind erhält jetzt von uns die für sein Lernen wichtige Rückmeldung und Bestärkung: „Ja, so ist es gut, weiter so!“.

Und ebenso ist es wichtig die Stärken des Kindes zu sehen und ihnen Raum zu geben. Entgegen der gängigen Meinung besteht bei AD(H)S nämlich kein genereller Mangel an Aufmerksamkeit. Vielmehr geht es um einen anderen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstil. Dies erklärt der Psychologe Fabian Grolimund (2017) anschaulich in einem Blogartikel mit dem Titel: „Die Stärken verstecken sich hinter den Schwächen“  link: https://www.lernen-mit-adhs.ch/blog/adhs-die-staerken-verstecken-sich-hinter-den-schwaechen/

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